Im Seecafé Porto Sophie lese ich Hölderlingedichte, die mich seit jeher begleiten. Ich bin vertieft in die Feldauswahl von 1943, erschienen im Cotta-Verlag; eine von Friedrich Beißner im Auftrag der Hölderlin-Gesellschaft besorgte Ausgabe. Vom ersten Buchstaben an spürt man, daß diese Gedichte keinesfalls ins Raster der NS-Propaganda sich einfügen ließen; denkt indes zeitgleich an die Zahl von Soldaten, die, der Kriegshölle ausgeliefert, in diesem Bändchen gelesen haben. Für manche ein letzter Wohlklang vor dem Sterben. Im Äußersten bleibt die Erinnerung an einen Psalmvers, an ein Gedicht, an einige Bogenstriche abendländischer Musik. Wir werden in jeweilige Epochen, Sprachen, Landstriche gesandt und bleiben heimatlos. Ich halte im Jahr 2024 die Feldauswahl in Händen; Konstanz überflutet vom Karneval, von unsäglichem Lärm. Das kann mich nicht aus der Fassung bringen. »… Einmal / Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht.« (Hölderlin, aus: An die Parzen)