Der Weg nach Innen bedeutet keinesfalls, von der Welt sich abzuwenden; meint vielmehr, einen anderen Blick auf die Geschehnisse zu werfen; diese in einem überzeitlich-göttlichen Sinne zu betrachten, ihr Woher aus einer uns nicht einsichtigen Perspektive anzudenken. Du gehst zum Friseur, trägst den schwarzen Rollkragenpullover , den philosophischen Mantel, bezahlst mit Bargeld, zündest das Zigarillo an, kaufst Tulpen auf dem Markt. Alles bleibt, äußerlich beobachtet, beim Alten. Das andere Denken nimmt seinen Ausgang von der Erkenntnis, daß unser Wissen belanglos, einem Zusammenkehren von Staub entspricht und welken Blüten; daß wir aus einem Geheimnis heraus leben. Ich saß, nachsinnend über drei Fragmente des Anaximander (das apeiron betreffend), unter einer Esche im Garten meiner Ahnen, als plötzlich die Gartentür aufging, ohne daß sie jemand, den ich wahrgenommen hätte, geöffnet. Wer hatte den Garten betreten? Wer? »Monde, die in unser Leben traten, / die einem Heimweh noch gehörten; Monde, / die vor dem Spiegel standen, sich lange traumverloren / angeschaut; Monde, die vor keinem Stern sich beugten, / die Kartons schleppten für den Umzug des Balletts, / Monde, die von keinem Gericht je freigesprochen, /geschweige denn verurteilt würden, / die für ein Dazwischen stünden; Monde, / deren Augen stets ein klein wenig müde.« (aus Winterhimmel, Monde … ) Ich lebe im Licht eines solchen Mondes; im Licht, das keinen Schatten wirft.

Autor: fentzloff

Ulrich Fentzloff, 1953 in Ludwigsburg geboren und aufgewachsen. Kind poetisch verklärter Tage in einem Württemberg des Geistes. Studium der Evang. Theologie und der Philosophie an der Universität Tübingen. Vikar in Leonberg-Silberberg. Pfarrverweser in Unterlenningen, am Fuße der Schwäbischen Alb. Gemeindepfarrer in Kirchberg/ Jagst (Hohenlohe), an der Johanneskirche in Stuttgart, und schließlich, 25 Jahre lang, bis Sommer 2016, in Langenargen am Bodensee. Lebt als Dichter in Konstanz. Absichtlich deckt den Ausgang des Tages zu, Umnachtet das Zukünftige uns der Gott Und lacht, wenn sterblich eins zu sehr be- Sorgt, was geschehen wird. (Horaz, in der Übersetzung Friedrich Hölderlins)