Aus Gründen der mir eigenen Ungeschicklichkeit fällt meine Umhängtasche zu Boden. Ein Vorübergehender sagt: »Hoffentlich ist keine Vase drin.« Ich entgegne augenblicklich: »O, etwas viel Zerbrechlicheres noch.« Er: »Ja, was denn?« Ich zögere, schaue in die Ferne, erinnere die Lektüren, über denen ich vor Stunden gesessen; ich gestehe: »Zwei Bücher.« Er hakt nach: »Was für Bücher?« Es gehört zu meiner Art des eher langsamen Sprechens, daß ich mich einmal mehr umschaue, die unweit entfernte Grauerle ins Auge fassend, um endlich zu antworten: »Den Gedichtband Ars moriendi von Georg Johannesen und das ›long poem‹ Anathémata (Fragmente eines Schreibversuchs) des David Jones. Der mich angesprochen, bestätigt, bevor er weitergeht: »Da tragen Sie wirklich Zerbrechliches mit sich herum.« Ich denke, daß besagte Bücher in der Tat ausgesprochen fragil sind. Kriege, so hört man allerorten, große Monde, sollen blühn an Straßenrändern.

Autor: fentzloff

Ulrich Fentzloff, 1953 in Ludwigsburg geboren und aufgewachsen. Kind poetisch verklärter Tage in einem Württemberg des Geistes. Studium der Evang. Theologie und der Philosophie an der Universität Tübingen. Vikar in Leonberg-Silberberg. Pfarrverweser in Unterlenningen, am Fuße der Schwäbischen Alb. Gemeindepfarrer in Kirchberg/ Jagst (Hohenlohe), an der Johanneskirche in Stuttgart, und schließlich, 25 Jahre lang, bis Sommer 2016, in Langenargen am Bodensee. Lebt als Dichter in Konstanz. Absichtlich deckt den Ausgang des Tages zu, Umnachtet das Zukünftige uns der Gott Und lacht, wenn sterblich eins zu sehr be- Sorgt, was geschehen wird. (Horaz, in der Übersetzung Friedrich Hölderlins)